Ein Märchen aus 1001 Nacht
Eine Erlebnisstudienreise durch die Republik Jemen
Vom 26. Oktober bis zum 9. November 2002
"Where are you from?" - "Alemania" - "Good" und "Welcome".
Eigentlich wollte ich heute zu einer Reise nach Kamerun und Zentralafrika aufbrechen. Sie war schon gebucht und es gab auch genügend Mitreisende. Aber dann hieß es: "Die Bundesregierung warnt ausdrücklich vor Reisen in die Zentralafrikanische Republik". Wieso? Ich hatte nichts von irgendwelchen Gefahren gehört oder gelesen. Presse? Fehlanzeige. In den Nachrichten war täglich nur von toten Palästinensern und Israelis zu hören. Da war natürlich keine Zeit für so Nebensächlichkeiten wie Überfälle von bewaffneten Banden im Norden und Osten der Zentralafrikanische Republik nach blutigen Auseinandersetzungen in Bangui ein Jahr zuvor. Nun gut. Oder auch nicht. Ich habe daraufhin erst mal auf der entsprechenden Seite der Bundesregierung nachgeschaut, um festzustellen, wohin man denn Reisen kann. Überrascht war ich vom Nichtvorhandensein der Republik Jemen auf der Liste. Auf der Länderseite gab es keine Einschränkungen. Es standen dort Sätze wie "Der Jemen ist Schwerpunktland der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ..." und " Die kulturellen Beziehungen werden durch das starke gegenseitige Interesse an der Kultur des anderen geprägt". Da ich eigentlich nur wegen der bisherigen (bedenklichen) Reisehinweise der Bundesregierung noch nicht im Jemen war, sah ich das als ein Zeichen: nix wie hin. Und das war gut so. Bald nach unserer Rückkehr wurde es wieder eng.
Noch ein Wort zu meiner 'Rechtschreibung': Ob nun 'Qat', 'Quat', 'Kat' oder wie auch immer die richtige Schreibweise sein mag. Ich habe mich (auch bei den Städtenamen) für eine entschieden. Ob die nun 'richtig' oder 'falsch' ist, ist mir ziemlich egal. Ich habe die aus dem mir gerade vorliegenden Reiseführer b.z.w. Karte genommen. Die sind sich auch nicht immer einig.
Samstag, 26. Oktober 2002, 1. Tag (Frankfurt - Rom - Sanaà)
Um 0800 kommt das Taxi, das mich zum Rhein - Main - Flughafen bringen soll. Dort angekommen besteht die übliche Aufgabe darin, den richtigen Schalter zu finden. Auf dem Übersichtsblatt der Flughafen AG war wohl kein Platz mehr für 'Yemenia Airways'. Zumindest sind sie auf den Tafeln im Flughafengebäude zu finden. Am Schalter angekommen stehen nur wenige Leute vor mir. Trotzdem dauert es fast eine halbe Stunde bis ich zum 'einchecken' komme. Die wenigen vor mir haben einiges an Übergepäck. Ich bin in 2 Minuten abgefertigt (kann mich nicht erinnern, das es jemals vorher so schnell ging). Im Abflugbereich finde ich die Mitreisenden und den Reiseleiter. Der Flug nach Rom ist ruhig. Wir haben eine gute Sicht auf die Alpen. Nach einer Stunde Aufenthalt in Rom fliegen wir weiter. Es sind nur wenige weitere Passagiere zugestiegen. Die Strecke führt entlang der italienischen Mittelmeerküste und später über die Stiefelspitze in Richtung Kreta. Ägypten erreichen wir in der Gegend von Alexandria. Bald wird es diesig. Nach Sonnenuntergang kann man in der Dunkelheit noch die Lichter von Djedda erkennen. Wir erreichen Sanaà gegen 2045. Die Einreiseformalitäten gehen schleppend voran. Noch langsamer als bei uns geht es allerdings am Einheimischen Schalter. Zeitgleich mit unserer Maschine kam eine mit im Ausland arbeitenden Jemeniten an. Die lässt man warten bis unsere Maschine abgefertigt ist. Die für Ordnung sorgenden Beamten haben alle Mühe den quirligen Haufen im Zaum zu halten. Mit in Reihe aufstellen klappt es nicht. Mit in Reihe hintereinander hocken sind sie dann doch einigermaßen überschaubar. Die Männer freuen sich schließlich nach längerer Abwesenheit wieder nach Hause zu kommen. Als wir dann endlich 'durch' sind und unser Gepäck haben, werden wir vor dem Flughafengebäude von Ahmet, unserem jemenitischen Reiseleiter empfangen. Er verteilt uns auf Taxis, mit denen wir in die Altstadt von Sanaà gefahren werden. Das Tempo der Taxis ist abenteuerlich. Und in der Altstadt geht es eng zu. Aber die Fahrer wissen auf den Zentimeter genau wie breit ihr Fahrzeug ist. Gegen 2200 erreichen wir das Hotel 'Sanaà Old Palace', ein 'Funduc' (so nennt man die landesüblichen Gästehäuser). Ein paar der Mitreisenden sind erst mal leicht schockiert, ob der Einfachheit. Die Zimmer sind aber sauber und mit ein oder zwei Matratzen ausgestattet, welche auf dem Teppichfußboden liegen. Im Gegensatz zu den hohen, hellen Zimmern sind die 'Bäder' sehr niedrig und eng. Auf einer Etage lässt wohl auch die Sauberkeit zu wünschen übrig. Nach dem Gepäckabladen bekommen wir im 'Eßraum' des Hotels erst mal ein Abendessen und dann die allerwichtigsten Informationen für den nächsten Tag. Dann geht's auf die Matratzen.
Sonntag, 27. Oktober 2002, 2. Tag(Sanaà - Manâkhah)
Um 0630 werde ich langsam wach. Ich muss sehr gut geschlafen haben. Vom Muezin, der von Gegenüber seine Schäfchen geweckt hat, habe ich nichts gehört. Als erstes steige ich die engen, hohen Stufen hinauf bis zur 6. Etage. Über eine weitere enge Treppe und eine kleine Ausstiegsluke kommt man auf das Dach. Von dort hat man einen phantastischen Blick über die Stadt. Das Hotel wird nur von wenigen anderen Häusern überragt. Zum Frühstück um 0730 gibt's Tee, eine Art Linsensuppe, Rührei und Brot. Um 0900 treffen wir uns dann zum Rundgang durch die Altstadt. Die Altstadt sieht gar nicht so alt aus, obwohl einige der Häuser bis zu 800 Jahren alt sein sollen. Ein Millionenprojekt der UNESCO will die Altstadt als 'Erbe der Menschheit' erhalten. Der Fluss, der in der Regenzeit durch die Stadt fließt, hat vor wenigen Jahren ein gemauertes Bett erhalten, welches in der trockenen Jahreszeit als Straße dient. Hinter dem 'Bab el Jemen' befindet sich die Altstadt mit ihren hübschen Häusern und der Suq. Hier gibt es alles zu kaufen. Hier ist was los. Ahmed, unser jemenitischer Reiseleiter erklärt uns u. a. die unterschiedlichen Hülsenfrüchte und Rosienensorten. Gegen 1200 sind wir zum Mittagessen zurück in unserem Funduc. Es gibt Linsensuppe, Gemüse, Hähnchen, Reis und Brot. Danach verlassen wir Sanaà in 4 geländegängigen Fahrzeugen und fahren in die Berge. Die Straße führt uns in 2800 bis 1450m Höhe durch eine wilde, abwechslungsreiche Landschaft. Gegen 1700 biegen wir von der Hauptstraße ab nach Manâkhah. Wir sind im dortigen Funduc die einzigen Gäste und dürfen uns die Zimmer aussuchen. So einfach wie die Zimmer sind, so sauber sind sie auch. Teppichboden, bezogene Matratzen, Decken, Aussicht. Es gibt absolut nichts meckern. Wir haben einen tollen Blick über das Tal und auf die sich bald leicht in Wolken hüllende Berge gegenüber. Im Ort ist ziemlich was los. Auf einem Platz wird Fußball gespielt. Hier fallen mir erstmals Männer auf, die so ganz selbstverständlich ihre Kalaschnikow über der Schulter tragen. Ein paar mal fragen vorbeigehende Kinder: "Where are you from?" Auf die Antwort "Alemania" kommt ein freundliches, erleichtertes "Good" und "Welcome" zurück. Es wird frisch nachdem die Sonne weg ist. Um 1900 treffen wir uns im Funduc zum Abendessen. Der Tisch biegt sich. Es werden aufgetischt: Suppe, Gemüse, Reis, Hackfleisch, Eier, Brot. Dazu gibt es Tee. Oder Bier. Zuhause trinke ich fast nie Bier. Irgendwie hat das 'Becks' hier einen etwas ungewohnten Geschmack. Nach dem Essen werden wir in einen Nachbarraum eingeladen. Die männlichen Bewohner und Freunde musizieren, singen und tanzen bis um 2130.
Montag, 28. Oktober 2002, 3. Tag (Manâkhah - Hajjara - Manâkhah)
Zum Sonnenaufgang ist der Himmel wolkenlos und die Sicht auf die kleinen Dörfer auf den umliegenden Hügeln phantastisch. Zum Frühstück um 0730 gibt es Brot, Marmelade, Käse, Eier, Linsen, Tee oder Kaffee. Wir fahren auf einem staubigen, steinigen Weg nach Hajjara, dem Ort, den man vom unserem Zimmer im Funduc aus auf dem Berg gegenüber sehen kann. Oben angekommen, machen wir einen Rundgang durch den 500-Einwohner Ort. Anschließend wandert der größte Teil der Gruppe um den Berg zurück. Ich nehme mit zwei Mitreisenden die 'Straße' zurück. Zunächst fotografieren wir noch den unterhalb des Ortes gelegenen Dreschplatz. Wir lassen uns viel Zeit für den Rückweg. Die beiden Frauen sehen sich einen abseits des Weges gelegenen Hof an und werden dort von den Bewohnerinnen in ein Haus eingeladen. Ich unterhalte mich währenddessen mit zwei vorbeikommenden Schülern. Die Unterhaltung beginnt mit den Üblichen: "Wehre Are you from?" "Alemania", "Good" und "Welcome". Die beiden sind auf dem Weg von der Schule nach Hause, sprechen gut englisch und mögen keine Amerikaner. Eine Lehrerin in der Schule kommt aus Deutschland. Als wir dann zurück in die Stadt kommen sind wir bald von Kindern umringt. "Where are you from?" "Alemania", "Good" und "Welcome". Die Gruppe kommt kurze Zeit nach uns. An Nachmittag gibt es nicht viel zu tun, außer noch mal durch die Stadt zu streifen. Am Abend biegt sich wieder der Tisch. Dieses mal fällt mein Blick auf einen wesentlichen Begriff auf der Bierflasche. 'Alkoholfrei'. Das ist die Erklärung für den Geschmack und die Tatsache, das es überhaupt Bier gibt. Den Abend verbringen wir wieder im Nebenraum bei Musik und Tanz.
Dienstag, 29. Oktober 2002, 4. Tag (Manâkhah - Al Khawkhan)
Um 0730 gibt es Frühstück. Danach werden die Fahrzeuge beladen und wir fahren zurück zur Straße nach Al Hudaydah, der wir dann wieder folgen. Unterwegs halten wir öfters an. An einem Feld mit Kaffeebüschen erklärt Ahmet, das der Jemen das Ursprungsland des Kaffees, heute aber, aufgrund des arbeitsintensiven Terrassenanbaus, bedeutungslos auf dem Kaffeemarkt sei. Entlang dem Wadi Dayan, dem wir folgen sehen wir grüne Felder am Ufer. Kurz vor Al Hudaydah biegen wir in Richtung Süden ab und halten zur Mittagspause in Zabid. In der kleinen, gut besetzten Hähnchenbraterei, geht es eng zu. Wir bekommen Zeitungen als Tischdecke, frisches Brot, Suppe, Gemüse, und leckere Hähnchenviertel. Am frühen Nachmittag biegen wir bei Hays von der Asphaltstraße ab in Richtung Küste. Gegen 1700 erreichen wir bei 36°C und 43%rL das Hotel 'Saladin' am Roten Meer. Das Hotel ist nun wirklich einfach. Einige kleine Hütten als Zimmer, Zentral gelegene Duschen und Toiletten. In den Zimmern ist es stickig, aber man kann auch draußen schlafen, was viele auch tun. Wir geniessen einen stimmungsvollen Sonnenuntergang am Roten Meer. Zum Abendessen gibt es Fisch (was auch sonst) und Suppe und Brot und Gemüse und Reis.
Mittwoch, 30. Oktober 2002, 5. Tag (Al Khawkhan - Ta'izz)
Nach dem Frühstück fahren wir gegen 0745 los. Auf einspurigen Wegen entlang der Küste fahren wir nach Süden. Zwischen 1030 und 1130 legen wir eine Badepause im Roten Meer ein. Zum Mittagessen sind wir in Al Mukha, der Stadt, nach der der Mocca seinen Namen hat. Die Stadt selbst ist kein Ziel. Eine Hafenanlage, eine Moschee, ein Kraftwerk, eine Kleinstadt. Es weht ein starker Wind vom Meer in Richtung Berge. Wir essen in einem .. ? wie soll ich es nennen? Es sieht aus wie eine Werkstatt. Ein hoher Raum, ein großer Ofen, es gibt Tische und Stühle an einer Wand und sehr guten Fisch zu Brot, Suppe, Gemüse, Reis und der Tischdecke aus Zeitungspapier. Die Tatsache, das der Raum auch als z. B. Schmiede hätte dienen können tut dem Essen auch keinen Abbruch. Das Essen ist echt gut, und die Sache mit der Zeitung vereinfacht das Abräumen enorm. Nach dem Essen werden die Reste vom Teller auf den Tisch geschüttet und die Zeitungen zusammengerollt. Sauber. Gegen 1330 fahren wir wieder ins Landesinnere. Der Wind lässt nach. Gegen 1600 erreichen wir unser Hotel in der Innenstadt von Ta'izz. Wir haben ein paar Minuten zum Frischmachen, dann geht's zum Stadtrundgang in den engen Suq. Hier gibt es, wie üblich, fast nichts, das es nicht gibt. Erstmals auch das 'hello, come in my shop'. Die Verkäufer sind hier etwas aufdringlicher. Und wieder: "Where are you from?" "Alemania", "Good" und "Welcome". Zum Abendessen um 1900 im Hotel gibt es eine dünne Suppe, Brot (kein frisches Fladenbrot sondern Baguette), Reis, Gemüse, Salat, Schaffleischstücke, Pommes, Orangen, Bananen, Papaja, Tee und Bier. Das Ganze auf eine weißen Tischdecke. Irgendwie anders als in den letzten Tagen. Und die Bedienung ist nicht ganz so flott.
Donnerstag, 31. Oktober 2002, 6. Tag (Ta'izz - Jiblah - Ta'izz)
Wir sind in einem Hotel in einer großen Stadt. Zur weißen Tischdecke gibt es Kaffee, Tee, Baguette, Butter, Marmelade, Schmelzkäse und hartgekochte Eier. Um 0800 starten wir zu unserer Tagestour. Zunächst fahren wir zur Muttabjamoschee im Süden der Stadt. Den Gebetsraum dürfen wir natürlich nicht betreten, aber zumindest hineinsehen (und -fotografieren). Am Nordrand der Stadt führt eine Straße in Serpentinen in die Berge. Auf halber Höhe steht ein sich noch im Bau befindliches Gästehaus der Regierung. Von der Baustelle hat man einen einmaligen Überblick über die Stadt. Ein paar Meter weiter bekommen die Damen unserer Reisegesellschaft ihre Henna-Verzierung auf die Hände gemalt. Anschließend fahren wir über den Sayani Pass (2337m) und weiter nach Jiblah. Der Bergjemen bietet hier eine abwechslungsreiche Landschaft. In den breiten Tälern sind von Büschen und Bäumen begrenzte Felder. In Jiblah werden die Gassen zu eng für unsere Fahrzeuge. Zu Fuß besichtigen einen Teil der Altstadt. Eine unverschleierte, deutschsprechende junge Jemenitin begleitet uns mit Erklärungen. Auf dem Rückweg nach Ta'izz halten wir irgendwo zur Mittagspause. Nahe von Ta'izz, in Janadiyah, ist dann noch die größte Moschee im Jemen zu besichtigen. Gegen 1900 essen wir dann wieder in unserem Hotel zu Abend.
Freitag, 1. November 2002, 7. Tag (Ta'izz - Aden - Azzan)
Heute haben wir eine längere Wegstrecke vor uns. Um 0545 fahren wir nach einem kurzen Frühstück los. Zunächst fahren wir noch durch die Berge, aber die werden kleiner. Gegen 0715 passieren wir die ehemalige Grenze zwischen Nord- und Südjemen. Man muss wissen, das sie hier war. Zu sehen gibt es da, ähnlich wie in Deutschland, nichts mehr. Gegen 0830 erreichen wir die Küste und sehen die Bucht von Aden. Wir fahren auf dem kürzesten Weg zum alten Hafen. Das einzig 'Sehenswerte' ist die alte Empfangshalle. Als man noch mit dem Schiff von Europa nach Indien reiste, war hier eine DIE Zwischenstation. Damals war in Aden noch einer größten und wichtigsten Häfen weltweit. Nach 15 Minuten fahren wir weiter. Die Landschaft ändert sich. Strände wechseln mit Mondlandschaften ab und die wiederum mit steiniger Wüste und dürrem Buschwerk (33/53). Am Ausgang einer kleinen Stadt bekommen wir am Vormittag erstmals eine Polizeieskorte. Im nächsten Ort gibt es eine neue Eskorte usw. Später fahren Soldaten und Angehörige der ansässigen Stämme in unseren Wagen mit. Das wird in den nächsten Tagen auch so weitergehen. In Shaqra' verlassen wir die Küstenstraße und kommen wieder über 1000m hoch. Von 1230 bis 1300 ist Mittagspause in Mudiyah (36/22): Suppe, Reis, Brot, Hähnchen, Obst. Es ist wieder ein sehr einfacher Laden. Und sehr wuselig. Am Nachmittag halten wir für eine Viertelstunde in einem kleinen Ort. Unsere Fahrer versorgen sich hier auf dem Qatmarkt mit frischem Grün. Uns bietet sich dadurch die Gelegenheit Verkäufer, Käufer und Kinder zu fotografieren. So richtig gewöhnt haben wir uns wohl doch noch nicht daran, das die männliche Bevölkerung hier grundsätzlich einen Schießprügel über der Schulter trägt. Gegen 1615 halten wir zu einem atemraubenden Fotostop. Die Aussicht auf Habbân bei schon tiefstehenden Sonne ist schlicht unbeschreiblich. Gegen 1730 erreichen wir Azzan, wo wir wieder in einem Funduc übernachten. Auch hier sind wir wieder die einzigen Gäste. Die Duschen bieten nach der langen Fahrt eine willkommene Erfrischung. Um 1900 gehen wir dann in Begleitung eines Soldaten und eines Polizisten (sie begleiten uns schon eine Weile) quer über die Straße in ein Lokal zum Abendessen. Irgendwie werden wir so gar nicht böse oder unfreundlich angesehen. Aber kein "Where are you from?" "Alemania", "Good" und "Welcome". Ist es die Eskorte? Ich habe nicht den Eindruck, das und die Leute auf der Straße nicht wohlgesonnen sind. Im Vorraum zu unseren Zimmern im Fuduc stehen Tisch und Sessel. Hier können wir nach dem Abendessen noch rumsitzen und quatschen bis wir müde sind.
Samstag, 2. November 2002, 8. Tag (Azzan - Bir Ali - Al Mukalla)
Zum Frühstück überqueren wir wieder unter Begleitschutz die Straße. Um 0900 verlassen wir den, wie wir von später von außerhalb überrascht erkennen, eigentlich recht hübschen Ort. Wir haben leider nur die (moderne) Hauptstraße gesehen. Zunächst folgen wir einem Flusstal, später kommen wir durch eine flache Wüstenlandschaft, der wiederum eine Vulkan / Mondlandschaft folgt. Schließlich erreichen wir bei Bir Ali den Strand des Indischen Ozeans. Es gibt hier eine kleine Bucht mit Berg, an der einmal ein Hotel entstehen sollte. Von dem Vorhaben sind nur ein Fundament und ein von 15 Säulen getragenes Dach übrig geblieben. Da das alles nicht aus Lehm, sondern aus Beton besteht, wird es noch Jahrhunderte den einzigen Schatten der Gegend spenden. Hier ist für zweieinhalb Stunden Badepause mit anschließendem Picknick (31/50). Gegen 1330 fahren wir weiter durch die wechselnde Küstenlandschaft. Am Nachmittag kommen wir zu einer Stelle, an der eine der letzten Schlachten um die Demokratie im Jemen stattgefunden hat. Vor sich hin rostende Panzer sind stumme Zeugen dieser Zeit. Am Nachmittag halten wir kurz in Burum und genießen den Blick auf die Bucht. Wenig später kommen wir bei Fuwwah an einer Kalkbrennerei vorbei. Sie ist leider gerade nicht in Betrieb. Gegen 1630 erreichen das Hotel 'Ala ' in Al Mukalla. Das Hotel besteht aus mehreren kleinen Häusern mit je einem Dutzend Zimmern. Zum Hotel gehört auch ein großer Speisesaal, wo wir um 1900 zu Abend essen. Nach dem Essen nehmen wir Stühle mit raus und quatschen noch eine Weile.
Sonntag, 3. November 2002, 9. Tag (Al Mukalla - Shibam - Seyun)
Nach dem Frühstück ist zunächst Stadtrundgang. Der beginnt am Museum (ehem. Sultanspalast). In das Museum müssen wir nicht. Die Kommunisten haben nicht viel drinnen gelassen. Die Stadt dagegen ist sehenswert. Enge Gassen, breite Straßen und schmucke Häuser mit interessanten Türen. Die Stadt ist nur einige hundert Meter breit und zieht sich zwischen den Bergen und der Küste hin. Ein hübscher Ort der einlädt zum verweilen. Leider müssen wir dann doch weiter. Bei Ar Riyan verlassen wir endgültig den Indischen Ozean und fahren wieder ins Landesinnere. Über kurvenreiche Straßen geht's über die Berge. Wir überqueren den Höhenzug Djol. Kurz vor Raybun biegen wir von der Straße ab und picknicken in einem Palmenhain. Nur 100m von unserem Picknickplatz entfernt ist eine Imkerei. Der Imker heißt uns willkommen und zeigt stolz seine Bienenstöcke. Nach kurzer Strecke biegen wir auf der Weiterfahrt wieder von der Straße ab. Dieses mal um einen Blick auf Al Haajarayn zu werfen, bevor wir das als das schönste geltende Dorf zu Fuß erkunden. Hohe, zum Teil bunt bemalte Lehmhäuser mit interessanten Türen in engen Gassen und steile Treppen erwarten uns. Und am Dorfrand dann ein phantastischer Blick über das Tal bis hin zum Nachbardorf. Als wir das Dorf dann verlassen, steht die Sonne etwas tiefer. Ein guter Zeitpunkt um den Ort als ganzes zu fotografieren. Zum Sonnenuntergang sehen wir Shibam. Das wollen wir aber morgen dann noch besser sehen. Um 1800 erreichen wir das Hotel 'Al Burj' in Sayun (die Lange), der größten Stadt im Hadramaut. Nach 1900 gehen wir zehn Minuten zu Fuß in die Stadt zum Abendessen. Da heute der Ramadan beginnt, müssen wir froh sein, überhaupt ein offenes Restaurant zu finden.
Montag, 4. November 2002, 10. Tag (Seyun - Shibam - Seyun)
Heute ist Zeit zum Ausschlafen und zum ausgiebigen Frühstück am Pool. Zum Stadtrundgang treffen wir uns um 0930. Das erste und auch Hauptziel ist der Sultanspalast. Er beherbergt ein historisches und ethnografisches Museum, in dem wir eine Stunde verbringen. Vom Balkon in der oberen Etage gibt es einen herrlichen Überblick über die Stadt. Dann ziehen wir in kleinen Gruppen über dem Markt. Ich werfe einen Blick in das neben dem Palast befindliche Internet Café. Um 1200 treffen wir uns zum üblichen Mittagessen um die Ecke. Um 1245 fahren wir die kurze Strecke zurück nach Shibam (die Gelbe). Auf einem kleinen Platz am Eingang zur Stadt verlassen wir die Fahrzeuge und begeben uns auf den Rundgang durch die Stadt. Es gibt hier nur hohe Häuser in engen Gassen. Um diese Tageszeit sind wenig Menschen auf der Straße. Auf dem Platz in der Mitte der Stadt spielen Kinder. Andere Kinder winken uns aus dem Fenster zu. Die Stadt ist etwas fortschrittlicher als viele andere. Es gibt hier nicht nur Wasser,- sondern auch schon Abwasserleitungen. Gegen 1500 treffen wir uns wieder bei den Fahrzeugen und fahren durch das Flussbett auf die andere Seite des Tals. Dort steigen wir den Hang hinauf. Einige bis zur Abbruchkante, die anderen nur bis zum Wasserbehälter. Von dort aus hat man einen phantastischen Blick über Shibam. Es ist auch ein optimaler Punkt für Photos zum Sonnenuntergang. Wenn da nicht noch andere Touristen kämen, die sich auf dem kleineren Hügel vor uns postieren. Zum Glück fallen sie auf den Fotos dann doch nicht so auf. Um 1715 fahren wir zurück ins Hotel. Dort ist dann Zeit, um bei einem Bier Flughunde zu beobachten, wie Sie beim überfliegen des Pools Wasser trinken. Am Pool essen wir dann auch zu Abend.
Dienstag, 5. November 2002, 11. Tag (Seyun - Tarim - Seyun)
Frühstück um 0800 am Pool. Um 0900 starten wir unseren Ausflug nach Tarim. Nach 10 km halten wir an der zweigeteilten, weißen Grabanlage von Ahmet Ben Isa, dem Ahnherrn des religiösen Adels des Hadramaut. Nach weiteren 22 km erreichen wir Tarim (die Singende). Hier besichtigen wir den Palast Al Kaff bevor wir uns auf den kleinen Stadtrundgang machen. Der Palast macht einen zerfallenden Eindruck, wird aber an einigen stellen renoviert. In einigen Zimmern sind die bunten Fenster noch gut erhalten. Von hier kann man auch die Stadt überblicken. Um 1230 sind wir zum Mittagessen wieder in Seyun. Anstelle von Hähnchen gibt es heute Fisch. Mit dem Internet Café habe ich heute Pech. Es findet eine Schulung statt. Den Rest des Tages haben 'frei', für Markt und Hotel. Nach Sonnenuntergang beobachten wir dann wieder die Flughunde am Pool.
Mittwoch, 6. November 2002, 12. Tag (Seyun - Wüste - Ma`rib)
Frühstück um 0500. Wir haben heute wieder einiges vor uns. Um 0530 verlassen wir das Hotel 'Al Burj'. Sonnenaufgang über dem Wadi. Es ist Ramadan. Die Straßen sind fast leer. Nur sehr wenige Leute sind unterwegs. Auf den Feldern arbeiten schon vereinzelt Frauen mit ihren für das Hadramaut typischen Hüten. Wir fahren durch eine weite Ebene, auf der einen Seite begrenzt durch ein Hochplateau und durchsetzt von einigen 'Erosionsresten'. Gegen 0730 halten wir bei einer Straßenabzweigung an einer Tankstelle. Reden nützt nichts. Sie ist zu. Wir fahren nun durch ein Stammesgebiet, das von der Regierung nicht kontrolliert wird. Zu unserer Sicherheit werden wir ab hier von einem Angehörigen dieses Stammes in seinem eigenen Wagen begleitet. Eine halbe Stunde später ist ernsthaft Zeit zum tanken. Dummer Weise ist die nächste Tankstelle trocken. Zwei unserer Wagen fahren mit geliehenen Kanistern zurück zur vorletzten Tankstelle um Benzin zu holen. Wir warten im Schatten der Zapfsäulen. Elf Uhr. Die beiden Wagen kommen zurück. Nachdem die beiden anderen aus den Kanistern betankt sind, biegen wir von der Straße ab und fahren ab jetzt quer durch die Sandwüste. Unseren Fahrern macht das offensichtlich Spaß. Mit über 100 Sachen gleiten wir über den Sand. Vorerst. Später wird die Piste auch mal Ungemütlich. Jeder Fahrer fährt seine eigene Strecke. Jeder will schneller sein. Es besteht teilweise nur lockerer Sichtkontakt. Trotzdem bemerken die Fahrer, das ein Kollege fehlt. Einer fährt zurück. 15 Minuten später sind wir wieder komplett. Von 1200 bis 1300 ist Mittagspause 'mitten' in der Wüste (32/22). Gestärkt fahren wir noch eine Stunde und treffen wieder auf die Straße. Dort dauert es auch nicht lange und wir kommen zu einer Tankstelle, wo zum einen getankt wird, und zum anderen wieder Luft in die Reifen gepumpt wird (etwas platte Reifen greifen im losem Sand besser). Gegen 1615 kommen wir nach Ma`rib, der ehemaligen Hauptstadt des Reiches von Saba. Wir besuchen zunächst 'Mahram Bilqis', den Sonnentempel. Das Ausgrabungsgelände ist von einem Zaun umgeben. Er soll die Ausgrabungen zu schützen, die schon vor 40 Jahren begonnen wurden. Mittlerweile wurde vieles wieder zugeweht. Der Sand lässt sich nicht von einem einfachen Maschendrahtzaun aufhalten. Seit kurzem wird wieder gegraben. Heute aber nicht. Wir sehen nur den Wind bei seiner Arbeit. Von außerhalb des Zaunes ist aber außer den 8 hohen Monolithen nicht viel zu sehen. Nur 3 Km davon entfernt liegt 'Arsh Bilqis', der Mondtempel. Hier sind die Ausgrabungen weiter fortgeschritten. Die Tempelanlage ist weitgehend freigelegt. Aber auch hier ist ein Zaun um die Ausgrabungsstätte. Und auch hier arbeitet heute nur der Wind. Der Vorletzte Halt an diesem Tag gilt dem auf einem Hügel liegenden ursprünglichen Ma`rib, das langsam zerfällt. Da hier nur Lehm verbaut wurde, wird auch nur ein Lehmhaufen zurückbleiben. Auch wir versinken in knöcheltief im Staub. Gegen 1630 erreichen wir unser Hotel, das Ard al-Jannatain, welchem man nicht ansieht, das es gerade mal 15 Jahre alt ist. Es hat wohl schon einiges erlebt. Um 1900 essen wir im großen Speisesaal zu Abend. Hier hat man das Gefühl, das Lenin noch lebt. Zurück zum Abendessen: es gibt Suppe, Gemüse, Reis, Pommes, Fleisch, Bananen und Tee.
Donnerstag, 7. November 2002, 13. Tag (Ma`rib - Sanaà)
Wir erinnern uns: es ist Ramadan. Auf einem Nachbartisch steht Geschirr, das offensichtlich für uns gedacht ist. Wir versorgen uns selbst damit. Das Frühstück wird dann doch gebracht. Um 0700 fahren wir zunächst zum alten, sagenhaften Damm der Sabäer. Die Schleuse ist noch gut erhalten. Es ist beeindruckend, zu welch gewaltiger Leistung die Menschen vor 2-3000 Jahren fähig waren. Das Problem damals war nur, das der Damm unten zu war und sich der Schlamm über die Jahrhunderte absetzen konnte. Irgend wann lief der Stausee dann über, weil der Seeboden immer höher wuchs. Der neue Damm steht einen halben Kilometer weiter und ist 40m hoch. Und warum soll man alte Fehler nicht mal wiederholen? Auch dieser Damm hat unten keinen Abfluss zur 'Schlammspülung'. Auch er muss irgendwann verschlammen. Nachdem wir die Dammkrone zu Fuß überquert haben, fahren wir weiter. Die Landschaft ist grandios. Gegen 1230 erreichen wir Sanaà. Nach unserer Ankunft im Hotel essen wir zu Mittag, halten Siesta und am Nachmittag geht's wieder in den Suc. Vom Dach unseres Hotels, einem der höchsten Häuser in der Altstadt, hat man einen exzellenten Überblick über die Stadt. Den kann man am besten zum Sonnenuntergang genießen. Als es dann frisch wird ist eine Etage tiefer ein Aufenthaltsraum mit Fenstern auf 3 Seiten. Hier haben wir dann den Blick auf die Lichter von Sanaà. Wir essen dann wieder im Hotel zu Abend.
Freitag, 8. November 2002, 14. Tag (Sanaà - Wadi Dahr - Thula - Kawkaban - Shibam - Sanaà)
Letztes Frühstück im Jemen um 0800. Heute steht ein Tagesausflug zum Felsenpalast Dar al-Hajjar und nach Kawkaban auf dem Programm. Nach eineinhalb Stunden Fahrt durch die Berge erreichen wir die auf einem Felsen thronende Sommerresidenz des Imam Yachya, das meist fotografierte Gebäude im Jemen. Der Imam hatte eine echt tolle Aussicht über das Wadi. Nachdem wir eine Stunde die Aussicht genossen und den verwinkelten Palast besichtigt haben fahren wir über gewundene Straßen weiter nach Thula (2800m). Nach einem halbstündigen Rundgang, bei dem wir ungewöhnlich stark von Händlern belästigt werden, machen wir im Tourist Hotel und Restaurant in Hamidah Mittagspause. Um 1400 fahren wir weiter nach Kawkaban (2975m), einem kleinen Ort im Dula Massiv. Nach einem kurzen Stadtrundgang steigen wir über einen Eselspfad ab nach Shibam. Nach kurzer suche finden wir auf dem Markt auch uns Fahrzeuge wieder. Zurück nach Sanaà brauchen wir nur wenig mehr als eine Stunde. In Sanaà wird's dann hektisch. Der Verkehr ist heute etwas heftiger. 'Rushhour'! Unser Fahrer dreht schier durch. Er will unbedingt die übliche Abkürzung über die Gegenfahrbahn nehmen. Der Polizist, der was dagegen hat, stellt sich vor ihn und lässt ihn toben. Eine lange Fahrzeugkolonne macht die ganze Übung sowieso unmöglich. Im Hotel haben wir dann Zeit zum duschen, packen, rumhängen. Nach einem letzten Blick über die Altstadt von Sanaà fahren wir gegen 2000 zum Abendessen in ein Restaurant in neueren Teil der Stadt. Der Tisch biegt sich. Aber im Gegensatz zu den sonstigen Restaurants ist dieses hier eins mit Tischdecke und was sonst noch zu einem guten Restaurant gehört. Als Abschiedsgeschenk bekommen wir vom Lokalen Reiseveranstalter jeder ein halbes Pfund Original jemenitische Kaffee geschenkt. Um 2130 wird es dann höchste Zeit für eine schnelle fahrt zum Flugplatz. Nachdem wir uns von unseren Reisegleitern verabschiedet haben, begeben wir uns zu den Formalitäten und warten.
Samstag, 9. November 2002, 15. Tag (Sanaà - Frankfurt)
Unsere Maschine verlässt Sanaà um 0030. Zwischenlandung in Rom von 0420 bis 0520. In Frankfurt landen wir pünktlich um 0650. Der Zoll ist heute wieder mal gnädig. Gegen 0800 der große Abschied der Gruppe und der Vorsatz, uns bald zu einem Fototreff wieder zu sehen (haben wir).
Ihr Kurt F. Möller
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Sollten Sie sich aus irgend einem Grund in Ihren Rechten verletzt fühlen, dann lag das nicht in meiner Absicht. Schreiben Sie mir, dann lösen wir das Problem. Bedenken Sie aber, das ich manchmal mehrere Wochen in Gegenden ohne eMailanschluß unterwegs bin. Abmahnungen ohne vorherige Kontaktaufnahme sehe ich als böswilligen Versuch Ihrerseits, sich und Ihren Anwalt zu bereichern.